Psychotherapie

Psychotherapie umfasst das Diagnostizieren und das Heilen oder Lindern seelischer Erkrankungen. In einzelnen Fällen soll eine Behandlung verhindern, dass sich Beschwerden verschlimmern. Bei seelischen Erkrankungen können die Wahrnehmung, die Verarbeitung von Erlebnissen, das Verhalten, zwischenmenschliche Beziehungen und/oder Körperfunktionen betroffen sein. Der erkrankte Mensch ist meist nicht mehr in der Lage, diese Störungen willentlich zu beeinflussen. Leidet er darunter, benötigt er professionelle Unterstützung.

(Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinie) in der Fassung vom 19.02.2009, zuletzt geändert am 15.10.2009, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2009, Nr. 186, S. 4137.)

Wichtige Eckpfeiler einer erfolgreichen Therapie sind ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen dem jungen Patienten und der Therapeutin, eine wertschätzende und einfühlende Haltung der Therapeutin, ihre Verschwiegenheit über das, was das Mädchen, der Junge oder die Bezugspersonen ihr anvertrauen und die Verpflichtung der Therapeutin, nach den Standards ihres Berufsstandes zu behandeln. Wesentlich sind auch die Bereitschaft des Kindes/Jugendlichen und der Eltern, ihren Möglichkeiten entsprechend in der Therapie mitzuarbeiten und ihr Mut zur Veränderung.

Um die anstehenden Aufgaben gut meistern zu können, wird Schritt für Schritt vorangegangen. Dabei werden die bereits vorhandenen Fähigkeiten und der Entwicklungsstand berücksichtigt. Das Tempo bestimmen die Kinder und Jugendlichen.

Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapie gehört zu den Psychotherapieverfahren, deren Wirksamkeit für die Behandlung psychischer Störungen wissenschaftlich nachgewiesen wurde, und ist als Therapiemethode gemäß der Psychotherapie-Richtlinie anerkannt.

In der Verhaltenstherapie wird davon ausgegangen, dass ein bestimmtes Verhalten erlernt ist und dass es durch neue Erfahrungen und Einsichten wieder verlernt und stattdessen ein neues Verhalten erlernt werden kann. Anders als im Alltag werden unter Verhalten u.a. auch das Denken, das Fühlen und die Reaktionen des Körpers verstanden.

Verhaltenstherapie ist im Wesentlichen Hilfe zur Selbsthilfe. Zunächst wird eine umfassende Diagnostik durchgeführt, die die individuellen Gegebenheiten für die Entstehung der Störung erfasst.

Dabei werden die 

  • vorausgehenden (genetische, körperliche, psychische, soziale Vorbedingungen),
  • auslösenden (psychische, körperliche, soziale Belastungen) und 
  • aufrechterhaltenden Faktoren (Fortbestehen der Belastungen, ungünstige Reaktionen von Patienten oder Bezugspersonen) berücksichtigt. 

Der Patient wird altersgerecht darin unterstützt, seine Gedanken, Gefühle und Körperfunktionen sowie sein Verhalten zu verstehen und zu verändern und auf diese Weise Lösungen für die bestehenden Probleme zu entwickeln. Dabei wird an seine vorhandenen, gesundheitsförderlichen Ressourcen (soziale Unterstützung, soziale Kompetenzen, Problemlösefähigkeiten, Hobbys usw.) angeknüpft und diese werden ausgebaut und gestärkt. Wichtig für den Therapieerfolg ist, dass Patient, Bezugspersonen und Therapeutin gemeinsam realistische, erreichbare Ziele festlegen und dass das Geschehen in der Therapie für die jungen Patienten und die Eltern klar und verständlich bleibt.

(Margraf, J.: Hintergründe und Entwicklung, in: Schneider, S. und Margraf, J. (Hrsg.): Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Band 1: Grundlagen, Diagnostik, Verfahren, Rahmenbedingungen. Heidelberg: Springer Medizin Verlag 2009, S. 3-45.)

Die im Einzelfall konkret angewandten Therapiemethoden richten sich nach dem Alter der Kinder und Jugendlichen, der Art der Störung und den vereinbarten Therapiezielen.

Häufig eingesetzte Methoden sind

  • das Gespräch, 
  • das Rollenspiel, 
  • die Konfrontation, 
  • die systematische Desensibilisierung (d.h. die stufenweise Gewöhnung an Situationen, die starke Gefühle auslösen, z.B. Angst), 
  • das Modelllernen,
  • das Problemlösetraining,
  • das soziale Kompetenztraining, 
  • das Erlernen von Selbstmanagement und Selbstinstruktion (inneres Sprechen zur Bewältigung von Aufgaben), 
  • die positive Verstärkung und 
  • das Spiel. 

Zudem wird individuell entschieden, ob die gesamte Familie zu einzelnen Sitzungen eingeladen wird, z.B. wenn es das Ziel ist, die Interaktion zwischen den Kindern und den Eltern zu verändern, oder ob separate Sitzungen mit den Eltern bzw. Bezugspersonen durchgeführt werden, z.B. zur Aufklärung der Eltern über das Störungsbild und zur Erziehungsberatung. Außerdem werden die Eltern dazu befähigt, ihre Kinder während der Behandlung unterstützend zu begleiten, z.B. indem sie ihren Kindern helfen, das Gelernte im Alltag anzuwenden, und indem sie kleine Übungen mit ihnen durchführen. Auf diese Weise werden die Eltern als „Co-Therapeuten“ mit in die Therapie einbezogen.